Galerie
Ausstellungen
Kontakt
Links
Bücher

Claudia Fritz - Abbild und Wirklichkeit

Die Fotografie ermöglicht eine scheinbar präzise Wiedergabe der Wirklichkeit. Ein bestimmter Ausschnitt der realen Welt erscheint als ihr detailgenaues, dokumentarisches Äquivalent. Und dennoch sind Bild und Wirklichkeit niemals identisch. Wir bewegen uns in der Zeit und im Raum. Die Fotografie hält einen einzigen, unwiederbringlichen Augenblick fest. So ist sie Dokument eines Zeitpunktes und durch den vom Fotografen bestimmten Bildausschnitt zeigt sie nur einen Teil dessen, was wir tatsächlich sehen.
Auf diesen Überlegungen basiert das künstlerische Konzept von Claudia Fritz. In der für den Kunstraum Pettneu geschaffenen Serie von Arbeiten geht die Künstlerin der Frage nach dem Verhältnis von Abbild und Wirklichkeit nach. Eine Digitalfotografie zeigt etwa einen Ausschnitt aus der Wand, auf der das Werk hängt. Man sieht einfallendes Licht und Schatten. Die scheinbare Tautologie, d.h. die Deckungsgleichheit zwischen der realen Wand und der Fotografie ist Thema dieses Werkes. Ebenso verhält es sich mit einem Fenster, das den Blick auf ein gegenüberliegendes Werbeplakat freigibt. Der Blick auf das Werbeplakat ist einmal real und zugleich unveränderlich, festgehalten auf der Fotografie desselben Motivs.
Die Fotografien sind gleichsam materialisiertes Erstarren in der Zeit, das den Betrachter durch die örtliche Übereinstimmung mit der realen Situation zur Reflexion über die Wirklichkeit und ihr Abbild anregt. Dabei verwendet die Künstlerin ganz unterschiedliche Aspekte des Abbildhaften: das Trompe-l’œil, jenes Vexierspiel aus realem und intendierten Raum, die Mise en Abyme, jene ins Unendliche fortgeführte Wiederholung eines Motivs, oder auch jene vermeintliche Identität zwischen realer und fotografischer Wirklichkeit, die durch die Verwendung von Spiegeln, Leuchtkästen oder auch fototechnischer Bearbeitung noch rätselhafter erscheint. Der Reiz der Werke besteht darin, dass sie einerseits nur an eben jenem Ort möglich sind, da hier Bild und Wirklichkeit aufeinandertreffen, andererseits ist das künstlerische Konzept universell, da die Frage nach Abbild und Wirklichkeit existentielle Befindlichkeiten des Menschen widerspiegelt. Was der Betrachter sieht, ist sowohl in der Fotografie als auch im realen Raum immer nur ein Ausschnitt aus der Wirklichkeit. Die unmittelbare Anschauung ist begrenzt. Die Fotografie führt uns dies gerade in ihrer völligen Auflösung ins Reale vor Augen. Die reale Wand tritt semantisch hinter die Abbildung derselben Wand zurück. Das Abbild wird zum Kommentar des realen Gegenstandes, der Betrachter nimmt die Wirklichkeit wahr, weil sie als fotografischer Bildausschnitt thematisiert wird. 
Das Paradoxon zwischen architektonischer Wirklichkeit und der rein vorgestellten Wirklichkeit in der Fotografie ist unauflöslich, und so wird der Gang durch die Ausstellung zur Reflexion über die Präsenz und Unmittelbarkeit des Realen und die Konstruktion der Wirklichkeit in der Fotografie, gerade auch dann, wenn in der Fotografie Elemente aus der Welt der Anschauung reproduziert werden, die fotografisch besonders reizvoll sind, wie weiße Wandflächen, das Wechselspiel aus Licht und Schatten, der Blick aus dem Fenster, Perspektiven, der Wechsel der Jahreszeiten oder Details wie Sessel, Türen oder Säulen. (Gaby Gappmayr)

über mich
Claudia Fritz
Bilder / Ausstellung in situ (Pettneu)
english text